Die Altenpflege befindet sich in einer Versorgungskrise. Daher fordert der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) für die nächste Legislaturperiode eine Generalüberholung des bald 30 Jahre alten Pflegesystems und eine Rückkehr zum Spirit der Anfangsjahre. Um bis dahin den Niedergang der Altenpflege zu stoppen, sind Sofortmaßnahmen erforderlich.
AGVP-Geschäftsführerin Isabell Halletz:
„Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland ist stark gestiegen – von etwa 2 Millionen im Jahr 1999 auf rund 5,6 Millionen Ende 2023, mit einer Prognose von 7,5 Millionen bis 2050. Gleichzeitig werden wir weder mehr Pflegepersonal noch zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung haben.
Die Not ist groß und wir können uns schwerfällige Pflegedebatten nicht mehr leisten. Immer mehr Pflegebedürftige, aber die Betten bleiben leer – so darf es nicht bleiben.
Weniger Bürokratie und Kontrolle, mehr Pragmatismus und Eigenverantwortung – das bedeutet zum Beispiel, den Pflegefachleuten mehr Kompetenzen und Rechte zu zugestehen. Und ausländisches Pflegepersonal muss schneller einsetzbar sein.“
AGVP-Präsident Thomas Greiner:
„Papier ist geduldig, Quoten, Schlüssel und Regeln sind schnell aufgeschrieben. Aber ohne Menschen aus Fleisch und Blut, die sich um die Pflegebedürftigen kümmern, ist dieses Papier nichts wert.
Die Wahrheit ist am Bett. Die Tatkraft des Pflegepersonals und die Verantwortung der Unternehmen – damit sichern wir die Altenpflege für die Zukunft. Ohne private Investitionen gibt es diese Zukunft allerdings nicht. Ein Unternehmen muss mit guter Pflege zuverlässig Geld verdienen, sonst bleiben die Investitionen aus.
Vielen Pflegeunternehmen wäre kurzfristig geholfen, wenn die Kostenträger pünktlich zahlen würden. Strafzinsen bei Zahlungsverzug – das wäre ein erster kleiner Schritt mit großer Wirkung.
Die Pflegeversicherung wird nächstes Jahr 30. Als sie eingeführt wurde, war das Engagement privater Pflegeunternehmen ausdrücklich erwünscht. Heute quält und vertreibt man die privaten Pflegeanbieter mit Regulierung und Bürokratie, obwohl das Pflegesystem ohne sie kollabiert. Wir müssen wieder zurück zum Spirit der Anfangsjahre, als privatwirtschaftliche Initiative in der Altenpflege noch geschätzt und honoriert wurde.“
Sofortmaßnahmen gegen den Niedergang der Altenpflege
Strafzinsen für säumige Kostenträger: Verweigern die Kostenträger die Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Zahlungsfristen, werden Strafzinsen fällig.
Refinanzierung gestiegener Personal- und Sachkosten: Was politisch vorgeschrieben und gewollt ist, muss auch bezahlt werden.
Fiktionsregelung bei Vergütungsanpassungen: Anträge auf Vergütungsanpassungen sollten nach sechs Wochen automatisch als genehmigt gelten, wenn die Kostenträger nicht darauf reagieren.
Wer wagt, muss gewinnen: Pflegeeinrichtungen müssen mit guter Pflege zuverlässig Geld verdienen, um investieren zu können. Der gesetzliche Anspruch besteht bereits, wird aber ignoriert.
Maßnahmen für eine Generalüberholung des Pflegesystems
Investitionen möglich machen: Um die Versorgung vor Ort sicherzustellen, müssen Pflegeeinrichtungen wirtschaftlich arbeiten können. Sie können nur investieren, wenn sie Geld verdienen und das geht nur, wenn sie leerstehende Pflegeplätze wieder besetzen können.
Mitarbeiter von Bürokratie befreien: Unser Pflegepersonal ist gut ausgebildet und hochmotiviert, Menschen zu helfen. Starre Vorgaben und Quoten ersticken nicht nur die Unternehmen, sondern entziehen auch dem Pflegepersonal die nötige Handlungssouveränität und Motivation.
Das Ergebnis zählt: Auf die Qualität der Pflege kommt es an, nicht auf die korrekte Durchführung von Prozessen oder die Einhaltung penibler Vorgaben. Eine zentrale Prüfinstanz sollte alle Prüfungen durchführen.
Pflegepolitik aus einer Hand: Der Bund muss die Pflegekompetenz von den Ländern zurückholen, um die Versorgung zu sichern.
„Skill Check“ für ausländisches Pflegepersonal: Nach einem „Skill Check“ sollten ausländische Pflegefachpersonen sofort als Fachpersonal eingesetzt werden. Zudem braucht es eine „Fast Lane“ nach bayerischem Vorbild für alle Bundesländer.
20240730_PM_Krise der Altenpflege_„Die Wahrheit ist am Bett“