Der Deutsche Bundestag berät in 2. und 3. Lesung das Pflegebonusgesetz, das auch eine Tarifpflicht für Pflegeanbieter vorsieht. Dazu erklärt Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP):
Gesetzlicher Mindestlohn, Branchenmindestlöhne, das Gesetz zur Tarifpflicht – die Personalkosten in der Altenpflege steigen massiv. Auch die hohe Inflation und die stark steigenden Energiepreise machen vor den Pflegeeinrichtungen nicht Halt. Der Kostendruck für die Pflegeanbieter ist enorm. Die Beschäftigten in der Altenpflege haben es verdient, für ihre wichtige Arbeit angemessen bezahlt zu werden. Aber niemand in der Bundesregierung schert sich darum, wie das alles bezahlt werden soll. Stattdessen tut man so, als gäbe es eine Art Flatrate, mit der finanziell alles abgedeckt ist. Die gibt es aber nicht.
Wenn das Geld nicht reicht, werden die Kosten auf die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen umgelegt. Vielen Pflegeeinrichtungen wird aufgrund des Gesetzes nichts anderes übrigbleiben, als den Eigenanteil der Pflegebedürftigen bzw. ihrer Angehörigen zu erhöhen – von 550 bis zu 1.100 Euro und zwar pro Monat. Nur so können sie sich gegen die explodierenden Kosten stemmen und das betrifft alle Pflegeanbieter, nicht nur die privaten.
Wir müssen einen Kassensturz machen, sonst droht ein bundesweiter Pflege-Schock. Wir brauchen endlich einen Pflegegipfel, um zu klären, wie die Pflege in Zukunft finanziert wird, ohne dass die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen überfordert werden.
Der Arbeitgeberverband Pflege hat drei praktische Vorschläge für einen Pflegegipfel, um die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zu entlasten.
1. Medizinische Behandlungspflege über Krankenkassen finanzieren
Ob häusliche, ambulante oder stationäre Pflege – viele Pflegebedürftige sind krank und brauchen eine sogenannte medizinische Behandlungspflege. Bei Pflegebedürftigen, die zuhause und ambulant gepflegt werden, übernimmt die Krankenkasse die Kosten, Pflegebedürftige in der stationären Pflege müssen die Kosten über den Eigenanteil selbst finanzieren. Wenn man hier eine gleiche Regelung für alle schafft und auch bei der stationären Pflege die Krankenkassen einbezieht, könnten Pflegebedürftige um ca. 350 bis 400 Euro monatlich entlastet werden.
2. Ausbildung über die Pflegekassen finanzieren
Die Ausbildungskosten in den Pflegeeinrichtungen werden derzeit auf die Pflegebedürftigen umgewälzt – bei Pflegebedürftigen in der stationären Pflege macht das laut BARMER-Pflegereport 2020 derzeit etwa 67 Euro im Monat aus. Wenn die Pflegekassen diese Kosten übernehmen, werden die Pflegebedürftigen und ihre Familien entlastet.
3. Bundesländer müssen Investitionspflichten nachkommen
Der Investitionsbedarf in den Pflegeeinrichtungen ist sehr hoch. Knapp ein Drittel der Heime muss saniert werden, bis 2040 brauchen wir doppelt so viele stationäre Pflegeplätze wie noch 2009. Die Bundesländer sind gesetzlich verpflichtet, die dank Pflegeversicherung eingesparten Gelder in der Sozialhilfe für Investitionen in die Pflegeeinrichtungen zu verwenden, tun dies aber nur zum Teil – fünf Milliarden Euro werden eingespart, nur 800 Millionen fließen in die Investitionsförderung. Die darüber hinaus gehenden Investitionskosten werden derzeit auf die Pflegebedürftigen umgelegt – eine weitere Belastung, die nicht nötig wäre, wenn die Bundesländer endlich ihren gesetzlichen Investitionspflichten nachkommen würden. Hier sind Entlastungen von 300 Euro (Sachsen-Anhalt) bis 567 Euro (Hamburg) für die Pflegebedürftigen möglich.