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„Jahrespackung Valium “: AGVP-Präsident Greiner kommentiert Koalitionsvertrag

Statement von Herrn Thomas Greiner im sgp Report (Schlütersche Verlagsgesellschaft)

An den von Union und SPD im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen zur Pflege lässt Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP), kein gutes Haar: Keine Prioritäten, nichts Konkretes, keine Transparenz hinsichtlich der Refinanzierung einer teurer werdenden Pflege.

„Das ganz kleine Karo“

„Der Koalitionsvertrag erinnert mich an eine Sendung des früheren DDR-Fernsehens mit dem schönen Titel ,Ein Kessel Buntes‘. In den Topf wurde eine Jahrespackung Valium gerührt, um die SPD-Basis ruhigzustellen. Prioritäten sind nicht erkennbar, für fast alles ist viel Geld da. Klar ist, dass die im Wahlkampf vielbeschworene Altenpflege unter ferner liefen eingeordnet wird. Was ist ernst gemeint? Was ist ,,Wir tun so als ob“? Allerdings haben wir bei der Generalistik gelernt, dass sich im Worst Case und wenn es gerade passt, alle auf einen Koalitionsvertrag berufen, auch wenn in der Sache nichts Konkretes drinsteht. Also, genau hinschauen.

Beim Hauptproblem der Altenpflege, wo Pflegekräfte denn herkommen sollen, klafft eine Lücke. Woher sollen denn die 8.000 zusätzlichen Kräfte kommen, die uns versprochen werden? Auch wenn es nur ungefähr eine halbe Stelle pro stationärer Pflegeeinrichtung bedeuten würde? Für die allermeisten Pflegekräfte ist die Personalausstattung das entscheidende Thema. Wie viele gibt es? Der Bund regelt die Fachkraftquote (hierzu liest man nicht, ob Ergotherapeuten, Krankentherapeuten und andere Spezialisten zukünftig angerechnet werden. Wieviel Personal es gibt, regeln letztlich die klammen Länder. Wieso greift der Bund hier nicht durch wie bei der Bildung? Ober sticht Unter: Wer zahlt, schafft an?

Noch im Sondierungspapier sollten Personal und Bezahlung „spürbar“ verbessert werden. Im Koalitionsvertrag nur noch „angemessen“. Im Sondierungspapier wollte man dafür sorgen, dass Pflege-Mindestlöhne in Ost und West ausgeglichen werden. Jetzt will man die Mindestlohnkommission „bitten“. Künftig sollen flächendeckend (allgemeinverbindliche?) Tarifverträge gelten. TVÖD oder was?

Auf welchem gesetzlichen Weg? Wer zahlt das? Denn die Mehrkosten wären gigantisch. Dazu kein Wort im Koalitionsvertrag. Wenn obendrein ein bekannter Bundestagsabgeordneter, Experte für Altenpflege, vor ein paar Tagen einräumt, dass man sich über die Zuzahlungen der alten Leute, resultierend aus den Pflegestärkungsgesetzen der letzten Legislaturperiode, in Höhe von oft 500 Euro mehr pro Monat, nicht im Klaren gewesen sei, dann kann einem vor so viel Dilettantismus nur Angst und Bange werden. Wer mehr Personal und eine bessere Bezahlung will, braucht, ohne die Leute zu überfordern, Milliardenbeträge aus der Steuerkasse. Dazu schweigt der Koalitionsvertrag.

Gemessen an den Herausforderungen ,Demografie‘ und ,Sinkende Renten Ost‘, gemessen an der Frage, woher Pflegekräfte kommen sollen, gemessen an der Frage ,Wer bezahlt es‘?, ist dieser Koalitionsvertrag ein so kleines Karo, dass es mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen ist.“

Autor: Thomas Greiner, AGVP