Mit jedem Tag wird die Personalnot in der Altenpflege größer. Und mit jedem Tag wird deutlicher, dass das heutige Finanzierungsmodell absolut an seine Grenzen stößt. Dabei wissen alle, dass eine Gewissheit zunehmen wird: Mit jedem Jahr wird die Zahl jener Menschen ansteigen, die auf pflegerische Versorgung angewiesen sind, egal ob stationär, ambulant oder daheim im familiären Umfeld. Die beinahe revolutionären Lösungsvorschläge, die Professor Heinz Rothgang und sein Team jetzt präsentiert haben, bergen viel Sprengstoff.
Dazu Friedhelm Fiedler, Vizepräsident des Arbeitgeberverbandes Pflege: ,,Das Rothgang-Gutachten einer Pflegewelt ohne Sektoren ist im Kern eine komplette finanzielle und konzeptionelle Neuordnung der Altenpflege in Deutschland. Zwar sollen zum Beispiel Pflegebedürftige weiter vom MDK begutachtet werden. Doch statt wie bisher Pflegegrade würde für jeden Pflegebedürftigen ein individuelles Pflegebudget errechnet werden, das sich nach seinen Bedarfen errechnet. Case- und Care-Manager sollen Pflegebedürftige beraten, welche Leistungen in Anspruch genommen werden können.“
Rothgang geht in dem streitig zu diskutierenden Gutachten auch auf die immer stärker werdende finanzielle Belastung der Bedürftigen ein. Die Pflegesätze werden steigen, die Eigenanteile könnten sich innerhalb der nächsten fünf Jahre sogar verdoppeln, wenn nichts unternommen wird. Dazu Fiedler weiter: ,,Passiert nichts, kann die Pflegeversicherung ihre eigene Zielsetzung, eine Verarmung von Pflegebedürftigen zu verhindern, nicht mehr erreichen. Laut Gutachten sollen alle Pflegebedürftigen einen Sockelbetrag von 471 Euro zahlen. Alle weiteren pflegebedingten Kosten zahlt die Pflegeversicherung, die Behandlungspflege soll von der Krankenversicherung bezahlt werden. Bleibt zu hoffen, dass dieses mutige Gutachten des Bremer Gesundheitsökonomen den Druck auf die Politik weiter verstärkt, sich endlich mit aller Kraft und zügig um eine Neuordnung der Pflegeversicherung, die ein Vierteljahrhundert alt ist, zu kümmern. Flickwerk und eine Politik nach dem Motto ,,von der Hand in den Mund“ löst diese Zukunftsaufgabe nicht.“